Magie Meine Welt So denke ich. So bin ich

Meine Liebe zur Architektur in Tunesien

von Sonja Hupperich | 12. Januar 2022

Ich bin angekommen!

Mein Gott, wie die Zeit vergeht! Über ein Monat bin ich schon hier in Tunesien. In Hammamet. Je t`aime!

Ich bin durch die Straßen gelaufen, habe Menschen kennengelernt, war einkaufen, spazierte am Strand entlang, habe mich in der Sprache versucht, die wunderbare Küche genießen dürfen und empfand die Flora als farbenfroh und vielfältig. In diesen sechs Wochen musste ich ganz schön viel verarbeiten und verdauen. Die Eindrücke überwältigten mich und tun es noch.

Für mich stellte sich die Frage: Wo fange ich an? Wie vermittele ich Euch meine Erlebnisse? Quer durcheinander? Nein. Mal so und mal so? Nein. Als Tagebuch? Nö.

Also beschloss ich meine kleine Abenteuerreise in Häppchen an Euch heranzuführen. Zuckersüß und in gut verdaulichen Portionen. So wie die Menschen hier ihre Leckereien backen. Ich habe meine Bilder in Kategorien eingeteilt. Architektur, Flora, Meer, Menschen…….etc. Mein erster Beitrag umfasst „die Architektur“ der Tunesier. Von außen betrachtet.

Ich wünsche Euch viel Spaß und eine kurzweilige Zeit mit meinen Bildern, Geschichten und Gedanken aus 10001ner Nacht.

Als meine Gastgeber mich vom Flugplatz abholten, übergaben sie mir mein Domizil für die nächsten drei Monate. Das Gebäude hat mich umgehauen. Optisch fand ich mein „neues Zuhause“ echt in Ordnung. Ich hatte aber nicht damit gerechnet, dass ich in einem 150-Parteien-Haus meine „Auszeit“ verbringen würde. Für mich unbekanntes Terrain. Ich hatte noch nie in meinem Leben in einem so modernen und hohen Gebäude gewohnt. Ich stehe eher auf altertümlich, antik und vor allem auf Garten. Ich brauche das Grüne um mich herum.  So kann ich unsere Hunde und Katzen mal kurz vor die Tür wippen, wenn es regnet. Und Garten sorgt für Entspannung, Muße und das Auspowern durch Gartenarbeit. Meine Wohnung hat keinen Balkon. Das wusste ich allerdings vorher und habe die Situation als Prädikat „wertvoll“ verbucht. So bin ich gezwungen dreimal täglich einen Spaziergang mit Guido-Maria, unserem Yorkshire Terrier zu machen. Außerdem bekam ich endlich die Möglichkeit meine Corona-Pfunde durch die Gassen zu schieben.

Wohnen alle Tunesier*Innen hier so? Das fragte ich mich tatsächlich, da es hier auffällig viel „Residenzen“ gibt. Die Wohnblocks werden auf hohem Niveau erbaut und sind nicht wirklich für Jedermann erschwinglich. Tatsache ist, dass speziell diese Wohnungen, in dessen Residenz ich wohne, ein dreiviertel des Jahres leer stehen. Sie dienen, gerade in Hammamet, als Ferienwohnungen für reiche Italiener, Franzosen, Skandinavier, Russen, Deutsche und Tunesier. Ich bin seit Wochen fast die einzige, die hier wohnt. Nur über Weihnachten und Neujahr traf ich einige Urlauber. Ausgenommen meine Gastgeber Jana und Chokri. Die Beiden wohnen seit zwei Jahren hier. Sie haben Deutschland den Rücken gekehrt.

Gehobenes Wohnen ist teuer. Im Durchschnitt kostet eine Wohnung in einer Residenz 1000 bis 1500 Dinar. Das sind ca. 350 bis 500 Euro für eine kleine Wohnung von 50 bis 80 qm. Für Ottonormalverbraucher unerschwinglich. Der Durchschnitts-Verdienst eines Angestellten liegt in Tunesien bei ca. 400 bis 600 Euro im Monat.

Mein erster Spaziergang zum Strand ließ mich allerdings staunen. Jana nahm mich an die Hand und zeigte mir den Weg durch ein Wohnviertel. „Alles Villen. Hier wohnen nur reiche Tunesier.“ Da staunte ich nicht schlecht. „Wie viel Geld verdient denn ein reicher Nordafrikaner?“ „Keine Ahnung“, antwortete mir Jana.  „Kann nicht wenig sein. Die Villen haben meistens eine Wohnfläche von 350 bis 550 qm.“ Ich war überrascht, wurde mir doch vor meiner Reise vermittelt, dass Tunesien eher ein rückschrittliches Land sei. Ich wurde gerade vom Gegenteil überzeugt. Wie überall auf der Welt gibt es die eine Seite und die andere Seite.

Drei Tage später schnappte ich mir meinen kleinen Guido und machte mich selbstständig auf die Socken. Ich wollte herausbekommen, in welchen Häusern und Wohnungen die Menschen hier wirklich leben. In Hammamet. Dazu muss ich erwähnen, dass Hammamet vor Corona ein sehr gut florierendes Städtchen mit viel Tourismus war. Im Moment leben und wohnen hier fast ausschließlich Einheimische. In den Ferienzeiten schlagen die Ferienhaus- und Ferienwohnungsbesitzer hier auf. Die Wirtschaft knabbert im Moment an hartem Brot. Genau wie andere Länder geht es mit der Wirtschaft und den damit verbundenen Arbeitnehmern und Arbeitgebern den Berg hinab. In Tunesien gibt es keine Arbeitslosenversicherung und die Krankenversicherung ist freiwillig. Sozialversicherung ist ein Fremdwort. Tunesien profitiert noch vom Familienzusammenhalt. Mehrere Familienmitglieder wohnen in einem großen Haus und unterstützen sich gegenseitig. Seniorenheime gibt es höchstens in den Großstädten. Ohne gegenseitige Hilfe würde das Leben nicht weitergehen.

Ich schlenderte eine viel befahrene Hauptstraße entlang. Irgendwann bog ich ab. Spazierte über ein Olivenhain. Im November/Dezember werden Oliven geerntet. Dabei werden auf dem Boden Folien ausgelegt und die Oliven erst einmal aussortiert. Die guten ins Töpfchen, die schlechten…. Von den Oliven wird in erster Linie sehr gutes Olivenöl gepresst. Tunesien ist das größte Exportland der Erde für Olivenöl.

Als ich den Hain überquert hatte, landete ich vor einem Neubaugebiet.

Ich bin fasziniert von der Architektur. Flachdächer, Kuppeln, Rundbögen, glasierte Ziegel und liebevoll gestaltete Treppen, Eingänge, Türen und Gärten. Bunte Fliesen schmücken die Treppen. Die meisten Häuser sind von einer Mauer umgeben. Der Sicherheit wegen?! Zumindest kann keiner wirklich über die Mauer schauen. Und kaum einer weiß, wer und was sich dahinter verbirgt. Bei älteren Objekten sind die Mauern noch mit zerbrochenen Glasscherben besetzt. Nachhaltig und optisch zehnmal ansehnlicher als Natodraht. Die Sonne reflektiert in den grünen und weißen Scherben. Das nächste Kapitel wird diese Themen beinhalten.

Die Türen sprechen ihre eigene Sprache. Jedes Haus erzählt mit der Tür eine Geschichte. Die eigene. Oftmals findet man Türklopfer anstatt eine Haustürklingel. Briefkästen werden in die Mauer integriert.

Manche Fensterbögen sind dem arabischen Märchen entsprungen. Früher habe ich immer geglaubt, die Häuser würden nur aus Lehm gebaut und würden nicht gestrichen. Ich wurde eines Besseren belehrt. Die Häuser werden größtenteils in Weiß gestrichen. Leider werden die Fassaden von Salz, Wasser und Sturm sehr beansprucht und die Farbe blättert nach wenigen Jahren ab. Rein theoretisch müsste der Außenanstrich alle zwei Jahre erneuert werden. Für solche Aktionen stehen im Moment die finanziellen Mittel nicht zur Verfügung. Keine Touristen, kein Geld. Auch den „wohlhabenden“ geht es wegen Corona an den Kragen. Sie machen mit ihren Läden keine Umsätze mehr.

Die Vorgärten springen mir bei jedem Haus ins Auge. Orangenbäume, Palmen, Zitronenbäume, Bananenbäume und Blumen, die über die Mauern hinwegragen. Mein Wunsch ist es, einmal in so einem Garten zu stehen und die Menschen und deren Wohnraum kennenzulernen.

Ich glaube an meine Wünsche und Träume. Meine Geduld trägt mich meist in die richtige Richtung. Und deshalb bin ich wahnsinnig gespannt, was mich die nächsten Wochen erwartet.

Ich habe diese Villa „Palast der Winde“ getauft. Dieser Rohbau lässt Fantasie zu. Jeden Tag geht es ein Schritt weiter. Dabei kann man zusehen.
Ein Neubau der Extraklasse. Dieses Objekt ist lediglich der Eingang zu einer Residenz. Alle Residenzen werden von einem Security-Unternehmen 24 Stunden bewacht.
Ein kleines Schmuckkästchen mitten in der turbulenten Stadt. Und doch haben von hier aus die Bewohner einen fantastischen Blick auf das Meer.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Fenster und Einfahrten wie in einer Kathedrale. In Deutschland würden wir es als Vierkanthof betiteln.
Wohnen und schlemmen an einem Ort. Restaurants verfügen meist über eine einladende Terrasse. Das Leben findet auch im Winter hauptsächlich im Freien statt.
„Palast der Winde“ zwei Wochen später. Das Tor ist montiert. Die Perspektive umwerfend. Optisch ergibt sich eine unfassbare Tiefe.

Ich würde mich sehr freuen, wenn ihr mir Fragen stellen würdet. Auch über ein Feedback wäre ich sehr glücklich. Meine „Reise“ geht weiter. Mit Geschichten, Gedanken und Bildern.

In Liebe Eure

Sonni

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