Magie Meine Welt So denke ich. So bin ich

Tunesien und die Winterflora

von Sonja Hupperich | 02. Februar 2022

Jeder kennt sie, alle lieben sie! Ein Traum in Lila. Die Bougainvillea.

Eine Augenweide in mediterranen Ländern. Ein Wallestrauch, der seine ausladenden Zweige über alle Mauern hinwegsetzt. Winterblues ade! Die Farben der Blüten strahlen mit der Sonne um die Wette.

Ich könnte mir vorstellen, allein der Flora wegen, während des kalten Winters in Deutschland, meinen Lebensabend in Tunesien zu verbringen. Ich spekuliere schon mit einer Bleibe. Sicher werde ich einen wunderschönen Winter-Garten meins nennen können! Wetten? Ich fange jetzt schon an, meinen Traum zu verinnerlichen.

Während meiner täglichen Spaziergänge begrüßten mich eine Vielzahl von unbekannten Pflanzen. Blühende Sträucher, prachtvolle Palmen und außergewöhnliche Sukkulenten. Auf jedem privaten Grundstück steht ein Orangen- und ein Zitronenbaum. Selbst Bananenbäume sind hier und da verwurzelt. Olivenhaine sind auf dem Land und mitten in einer Stadt zu finden. Kakteen mit ihren essbaren roten Früchten säumen meterhoch die Wege und Straßen. Bodendecker haben sich auf der kargen Erde niedergelassen und können nur mit Verwunderung bestaunt werden.

So habe ich eines Tages einen Giftzwerg getroffen. Den Stechapfel. Sollte ich die Geschichte von Adam und Eva umschreiben? Welcher Apfel wuchs im Paradies? Apfel, Granatapfel oder Stechapfel? Eigentlich versetzt der Stechapfel, bei vorsichtiger Dosierung, den Menschen in Trance. Manche sollen das ja ganz prickelnd finden. Er wird in Pulverform einem Getränk beigemischt. Zu viel von diesem Gebräu endet jedoch 100 % tödlich. Ausgestorben ist unsere Spezies nicht. Welch ein Glück!

Die ersten Tage konnte ich die Vielfalt nicht fassen. Mitten in den Städten wachsen Zitronen- und Orangenbäume. Das wäre so, als würden in Deutschland Apfelbäume in den Fußgängerzonen und an den Hauptstraßen der Stadt wachsen. Oder Pflaumen- und Birnenbäume?  Die Vorstellung ist entzückend. Im Winter ist in Tunesien die Zeit der Oliven-, Zitronen- und Orangenernte. Alle Familien und deren Angehörige helfen bei der Ernte. Traditionen werden gewahrt, helfende Hände muss man nicht suchen.

Auf dem Weg zum Strand, ein Trampelpfad führte durch ein eingetrocknetes Flussbett, duftete der tunesische Dezember. Wilder Yasmin verteilte einen betörenden Duft. Die kleinen weißen Blüten wippten am Strauch entspannt in der warmen Brise. Ein Stück weiter wurde ich von einem riesigen Kaktus überrascht. Das Aussehen kam mir bekannt vor. Meine Oma hatte die „Aloe-Art“ in Töpfen auf der Fensterbank. Als Kind fand ich die Omapflanze doof und habe ihr seither mehr Missachtung als Bewunderung geschenkt. Und hier: „Wow!“ Wie ein Koloss stand sie am Wegesrand. Unbezwingbar und stachelig. Sie überragte meine Größe bei weitem. 2,30 m? Daneben gesellte sich ein Feigenkaktus, der wohl mit der Omapflanze um die Wette wuchs. Ich wurde neugierig und versuchte vorsichtig eine Frucht von einem Kaktusblatt abzutrennen. „Autsch!“ Die Frucht war über und über mit haarfeinem Pelz belegt. Die getarnten Stacheln bohrten sich mit winzigen Widerhaken in meine Finger und Hände. Ich brauchte Tage, um die kleinen Harpunen aus meiner Haut zu entfernen. Wieder war ich eine Erfahrung reicher.

Am Strand säumten Palmen die Promenaden. Große, kleine, dicke, dünne. So stellte ich mir das Paradies vor! Palmen an allen Ecken. Ein ungewohntes Bild. Letztendlich ist die Vielfalt der Palmen so groß, wie die Vielfalt der Bäume in Deutschland. Nur, dass ich hier einen Anflug von ewiger Urlaubslaune bekam. Auffällig ist auch das Grün in den mediterranen Zonen. Es gibt kaum Bäume, die entblättert sind. Olivenbäume, Palmen und Nadelbäume strotzen mit ihrem Grün um die Wette. An manchen Palmen hängen orangefarbene Datteln, wie riesige Trauben, in luftiger Höhe. Das leuchtende Orange signalisiert die Reife. Getrocknet und am Stängel hängend,  werden sie auf allen Märkten feil geboten. Auch ich kaufte mir schon mehrmals die süßen Früchte. Leeecker!

Auffällig sind auch die Sukkulenten. Pflanzen, die mit sehr wenig Wasser auskommen und enorme Hitze verkraften. Im Sand wachsen zu tausenden essbare Mittagsblumen, die unter anderem dafür sorgen, dass der Sand am Ufer nicht weggeschwemmt wird. Abends, wenn die Sonne hinter dem Horizont verschwindet und die letzten Sonnenstrahlen auf den Strand leuchten, erscheinen die Gebilde wie flammende Zungen. Sie blühen in der größten Hitze. Nämlich im Sommer. Der Hauswurz und hängende Sukkulenten verstecken sich in Tontöpfen, die von den Tunesierinnen liebevoll arrangiert werden. Die einladenden Innenhöfe, Eingänge und Vorgärten werden mit Hingabe mit den lebenden Wasserspeichern gestaltet.

Jeden Tag, ging ich durch die Städte, Straßen und an die Strände. Meine Augen wurden täglich belohnt. Mit Farben und Formen der Pflanzenwelt,  die mir einzigartig erschienen. Ich bin so dankbar, dass ich diese unglaubliche Vielfalt bewundern durfte. Dafür allein, hat sich meine Auszeit schon gelohnt. Wäre es nicht schön, wenn man Menschen aus fernen Ländern auch so akzeptieren würde, wie deren Flora? Ich wäre auf jeden Fall eine Fächerpalme. Ja, das würde mir gefallen.

Essbare Mittagsblume – Sukkulenten

 

Bougainvillea streichelt Orangen

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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